Der Nibelungensteig – Etappe zwei und drei

Wir starten am sonnigen Morgen des 16. März, fast genau an der Stelle, an der ich die erste Etappe des Nibelungensteigs im November beendet hatte. Bei Etappe zwei handelt es sich um ein Heimspiel, keine andere ist Rimbach so nah und einzelne Abschnitte kenne ich schon von früheren Ausflügen. Trotzdem bin ich gespannt, was mich erwartet, denn ich bin diesmal in Begleitung und mehrtägig unterwegs. Los geht’s.

Blick auf Außenbereich einer Mühlenanlage mit Mühlrädern

Schlierbach

Das alte Rauch’sche Haus

In dem geschichtsträchtigen, ehemaligen Gasthof von 1793 hat sich vor einigen Jahren das Ehepaar Seeger niedergelassen. Der passionierte Schauwerbegestalter Wolfgang Seeger hat sich im Seitentrakt des Hauses ein Fenster zu einem kleinen Schaufenster umgebaut. Dieses wird mit unterschiedlichen Themen bespielt: oft mit unmittelbarem Bezug zur Region, zur Landschaft oder zu den Menschen, die die Region prägten und hier lebten.

Der Stickelfriedhof

Direkt gegenüber befindet sich die evangelische Kirche, die durch ihre Stickelgräber bekannt ist. Stickel sind schlichte weiße Holzbretter, die statt Grabsteinen zur Kennzeichnung auf den Gräbern verwendet werden. Auf den Schlierbacher Stickeln sind Blumentöpfe mit Blumen aufgemalt! Hier werde ich auf jeden Fall noch einmal herkommen und mir das im Detail anschauen.

https://www.lindenfels.de/tourismus/events-und-sehenswertes/stickelgraeber/

Freidhof mit weißen Holbrettern als Grabkennzeichen

Lindenfels

Vorbei am Terassen-Campingplatz und entlang der Bach von Eselsbühl (Odenwälder Genitiv😉) erreichen wir die Stadtgrenze. Über den Schlosswaldweg und das Äußere und das Innere Fürther Tor gelangen wir ins Zentrum. Hier startet offiziell die zweiten Etappe des Nibelungensteigs.

Altes Stadttor mit Pechnase und Spottköpfen

Gleich hinter dem zweiten Stadttor (Inneres Fürther Tor) befindet sich das Stadtgefängnis. Bemerkenswert am Tor ist übrigens die Pechnase, gestützt von zwei Spottköpfen. Genaueres könnt ihr bei youtube erfahren: Historische Stadtführung

Es ist jetzt kurz vor neun und kaum was los. Aus der Bäckerei duftet es nach frischem Brot. Kein Auto weit und breit. So stelle ich mir die Städtchen meiner Kinderbücher vor. Hier könnte Räuber Hotzenplotz spielen und ich rechne schon damit gleich Wachtmeister Dimpfelmoser zu begegnen.

Tipp: Das Lindenfelser Museum

Bevor wir der Route weiter folgen, möchte ich einen kurzen Blick auf das Lindenfelser Museum werfen – von außen. Das erste Mal war ich dort während der letzten Heimat- und Museumstage. Die Exponate sind auf einfache Art aber sorgfältig präsentiert. Gerade das macht hier den Reiz aus. Man hat das Gefühl, dass man in einer alten Scheune tolle und interessante Schätze entdecken kann. Das Museum ist ein eigener Ausflug – unbedingt merken und Öffnungszeiten beachten!

Virtueller Stadtrundgang Lindenfels SONDERSENDUNG (das Heimatmuseum) | youtube

Das Lindenfelser Museum (Stadt Lindenfels)

Zurück auf dem Steig laufen wir gefühlt kreuz und quer, bis der Weg wieder steil ansteigt, vorbei an einem Insekten-Lehrpfad und einer großen Bären-Skulptur. Ein letzter Blick zurück auf das mittelalterliche Städtchen, das dieses Jahr übrigens 900 Jahre feiert!

Die Waldpassage mit Nibelungensteig-Flair ist nur von kurzer Dauer und meine Vermutung, dass es nicht mehr weit bist zum Gumpener Kreuz ist, ist richtig.

Weschnitz

Das Gumpener Kreuz wird geradewegs überquert, ’natürlich‘ der steilste Weg ist der richtige. Der Steig ist, wie aus der ersten Etappe gewohnt, hervorragend ausgeschildert. Der Griff zum Handy oder zur Karte dient eigentlich nur der Abschätzung bezüglich der Proviant-Einteilung und wann die nächste Pause Sinn macht. Ach ja, die Wege sind auch in Ordnung, festes Schuhwerk vorausgesetzt. Und klar, dass es nach mehrtägigen Regengüssen im März auch mal matschige Abschnitte gibt.

Eiche und Friedhof

Weiter geht es durch Weschnitz durch, vorbei an einer alten Eiche (Naturdenkmal), am Waldfriedhof vorbei, bis zum Wanderparkplatz Kapellenberg. Von hier aus dann in Schlangenlinien hoch bis zur Walpurgiskapelle.

Der Waldfriedhof am Fuß des Kapellenberg ist der zweite Friedhof heute, auf dem Holz eine besondere Rolle spielt. Hier sind zwar Kreuze aufgestellt, aber ebenfalls keine Steine oder Platten zu sehen.

Walpurgiskapelle

Die Walpurgiskapelle lernte ich vor Jahren im Rahmen des Kommunionsunterrichtes meiner Kinder kennen. Für mich ein magischer Ort im Odenwald. Obwohl das Wetter mittlerweile (und die Fotos hier) eine flaue Stimmung verbreiten, begeistert mich die Walpurgiskapelle und ihre tolle Lage immer wieder. Der Spaziergang nur vom Parkplatz aus eignet sich ebenfalls als separate kleine Tour. Besonders schön ist es, wenn alles blüht und alles richtig grün ist. Egal wie und wann: der mühsame Aufstieg wird durch einen herrlichen Ausblick und eine besondere Atmosphäre belohnt.

Bei meinen früheren Besuchen der Kapelle fragte ich mich immer wo der Weg dahinter wohl hinführt. Ich hatte mir einen wilden, geheimnisvollen Wald vorgestellt. Tatsächlich kommt man aber schon nach kurzer Zeit an einem Windpark vorbei.

Grasellenbach

Täler, Café, Kunstweg

Vom Windpark wiederum dauert es nicht lange, bis sich der Wald lichtet. Hier entdecke ich ein erstes Geopark-Schild zum Nibelungenweg und das Gassbachtal öffnet sich weit.

Wir machen im Café Bauer ein Päuschen und laufen anschließend nach Grasellenbach runter. Ein Kunstweg der Sparkassenstiftung (Kunstweg entlang des Gassbachtals) führt auch hier entlang – momentmal, die Skulptur kommt mir doch irgendwie bekannt vor?!

Das bin ja ich mit ganz viel Sahne im Bauch…nein… die linke Skulptur ist von Markus Sauermann und heißt „Gegen den Wind“. Sie kommt mir so bekannt vor, weil man die Ähnlichkeit mit dem Psalm 91 aus Rimbach sofort sieht (siehe Kunstweg Rimbach).

In Grasellenbach endet Etappe zwei des Nibelungensteigs und Etappe drei beginnt.

Siegfriedbrunnen, Spessartskopf und Rotes Wasser

Jetzt zieht es sich hin bis zum Siegfriedbrunnen. Immerhin sind wir schon 16 km gelaufen und bis wir dort sind, kommen nochmal etwa 2,5 km bergauf! dazu. Es tauchen jetzt auch immer mehr Schilder des Geopark-Nibelungenwegs auf mit Schilderung des Teils der Heldensage, die beschreibt, wie es zum Tod Siegfrieds kommt. Beim Siegfriedbrunnen auf der Gemarkung Grasellenbach handelt es sich übrigens nur um einen von vielen Orten, die diese Geschichte für sich beanspruchen.

Geopark-Pfad Nibelungenweg | Nibelungen Land

https://de.wikipedia.org/wiki/Siegfriedbrunnen#Grasellenbach

Anschießend geht es aber weiter bergauf, irgendwann erreichen wir den Spessartskopf (555m). Ab jetzt geht es die meiste Zeit wieder bergab.

Rotes Wasser

Wir durchqueren das Olfener Moor (Rotes Wasser von Olfen) und passieren etwas später das Olfener Bild. Die Stimmung hier ist eine ganz andere und irgendwie besonders. Von hier sind es nur noch wenige Kilometer bis zu unserem Quartier in Güttersbach.

Panoramaaufnahme eines Hochmoores

Break in Güttersbach

Die Strecke, die wir an zwei Tagen laufen, erstreckt sich von Schlierbach nach Güttersbach und von Güttersbach bis zum Himbächl-Viadukt. Wir halten uns hier nicht an die offiziellen Etappen-Abschnitte, sondern laufen vom Ende der ersten Etappe über die zweite Etappe bis etwa drei Viertel der dritten Etappe an zwei Tagen. Die Gesamtlänge beträgt hierfür 35 Kilometer.

Zweiter Tag

Mit dem Wetter haben wir großes Glück: auch am Samstag morgen begrüßen uns Sonnenstrahlen (nach wochenlangem trüben Nieselwetter). Über schöne, einsame Waldwege führt der Steig erst bergauf, dann wieder bergab bis nach Hüttenthal. Ein großer Stein mit Ohr liegt einfach so mitten im Wald. Vogelgezwitscher ringsum.

Nibelungensteig Etappe 3

Kurz vor dem Marbach-Stausee sieht der Wald genau so aus, wie ich mir das Wort Odenwald vorstelle.

Marbachstausee

Man sieht ihn schon von weitem immer wieder durch die Baumstämme blitzen: der Marbach-Stausee. Dort ist noch nicht allzu viel los, nur zwei Leute sind beim Baden. Hej – es ist erst Mitte März! Am Steg teste ich die Wassertemperatur und bade meine geschwollenen Füße: saukalt!

Himbächl-Viadukt

Der Steig führt uns jetzt hin- und her durch verschiedene Waldpassagen und auch ein kurzes Stück an der befahrenen Straße entlang. Dann erreichen wir nach ein paar weiteren Kilometern unser Ziel auf dem Nibelungsteig: das Himbächl-Viadukt. Ein bedeutendes Kulturdenkmal im Odenwald und seit 2010 Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland. Das Viadukt wird eingleisig befahren. Man könnte tatsächlich von Hetzbach nach Erbach mit dem Zug über dieses Viadukt fahren.

Hier endet unsere Wanderung auf dem Nibelungensteig. Der nächste Ort auf dem der Steig, der die Möglichkeit bietet mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurückzukommen, erscheint uns zu weit, um ihn heute noch anzugehen. Da wir eine zweite Nacht in Güttersbach gebucht haben, planen wir jetzt den Rückweg.

Zurück zur Unterkunft

Hetzbach – Erbach – Ruftaxi

Um am Wochenende nicht allzu lang auf ein Verkehrsmittel warten zu müssen, hetzen wir im wahrsten Sinne des Wortes nach Hetzbach und fahren von dort nach Erbach, leider nur mit dem Bus, denn Zug und Bus wechseln sich ab und Bus war am Zug…😉.

In Erbach genießen wir die Sonne, die Live-Musik und die gute Stimmung am Marktplatz. Mit dem Rufbus geht’s zurück nach Güttersbach.

Schmucke Ansicht von sanierten alten Häusern mit Sandsteingiebelverzierungen und Sandsteintoren

Am nächsten morgen und einer weitere Rufbus-Fahrt bis nach Grasellenbach geht es von dort aus gemütlich nach Rimbach zurück.

Mein Fazit:

Im Vergleich zur ersten Etappe hatte ich den Eindruck, viel näher an der Zivilisation zu sein. Häufig waren Straßen zu sehen und Autos zu hören. Die Abschnitte die durch den Wald gingen, erschienen mir deutlich kürzer als bei Etappe eins.

Einzelne Passagen, die ich schon kannte, konnte ich bei dieser Tour neu einordnen. Mein Bild der Lage der Täler und Sehenswürdigkeiten zueinander wurde vollständiger.

Was die Ausrüstung angeht, müssen meine nächsten Wanderschuhe unbedingt mehrtagestauglich sein, einfach zu blöd, wenn an Tag zwei jeder Schritt wehtut. Außerdem hatte ich durch die Übernachtungen und das Mehrgepäck auf die Kamera verzichtet und nur mit dem Handy fotografiert. Erst im Nachhinein bemerkte ich die schlechte Qualität und falschen Einstellungen mancher Aufnahmen.

Das Tolle an der Tour war aber, dass zu zweit die Zeit wie im Fluge verging, man sich immer was zu erzählen hatte und die mitunter steilen Anstiege viel lustiger waren.

Weitere Infos zum Steig auf www.nibelungensteig.de

Herzlichen Dank an Beatrix für die Fotos auf denen ich zu sehen bin.

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