Ich freue mich und bin auch ein bisschen gespannt: Heute treffe ich mich mit Herrn Treuer, der mir, als heutiger Besitzer des Mühlengeländes, angeboten hat, weitere Informationen über die Vollrathsmühle, eine ehemalige Getreidemühle in Zotzenbach, zu geben. Kurz zur Erinnerung, bei meinem ersten Beitrag über die Mühlen habe ich bei der Vollrathsmühle nur auf das zurückgegriffen, was ich in Büchern gefunden habe. Ich war unsicher, ob überhaupt noch etwas von der Mühle übrig geblieben war und ob die Firma auf dem Gelände noch etwas damit zu tun hat. Heute werde ich mehr darüber erfahren.
Beim Überqueren des Hofes fällt die sanierte Scheune auf der rechten Seite auf, ganz offensichtlich handelt es sich hier um alte Bausubstanz. Die Firmengebäude linkerhand dagegen sind neueren Datums. Geradeaus ist der Bereich der Mühle und des Wohnhauses. Wie auch bei der Neumühle war der eigentliche Bereich der Mühle in den dreiseitigen Landwirtschaftsbetrieb integriert und nicht wie bei den Windmühlen ein freistehendes, separates Gebäude. Was hier mit der Mühle und dem angegliederten Wohnhaus passiert ist, werde ich gleich erfahren. Ich betrete das Treppenhaus, dort sind Fotos der alten Mühleneinrichtung und Fotos von Abrissarbeiten zu sehen. Weiter oben, im Wohnzimmer erinnern Gemälde und gerahmte Fotografien an die gute alte Zeit der klappernden Mühle.
Herr Treuer hat das Anwesen 1986 vom letzten Müller, Adam Vollrath, gekauft. Die Firmengebäude wurden gebaut, unter anderem auf dem linksseitigen ehemaligen Schweinestallplatz. Das eigentliche Mühlengebäude wurde aufgrund schlechter Bausubstanz 1997 abgerissen, das angegliederte Wohnhaus konnte erhalten werden, es wurde renoviert und teilweise ausgebaut.
Auf der alten Luftaufnahme kann man gut die Einbindung der Mühle in eine für diese Anlagen übliche Landwirtschaft sehen. Links der Schweinestall, rechts die Scheune, Felder und Wiesen ringsum. Ganz besonders schön zu sehen ist hier auch der Mühlbach, der, vom Zotzenbach abgezweigt, zum Mühlrad geführt wird. Und wer genau hinschaut sieht den Müller auf seinem Motorrad mit seiner Frau (Tipp: rechter Bildrand). Diese hatten übrigens dort noch lebenslanges Wohnrecht.
Die Liste der Müller – ohne Gewähr:
- Peter Stein erhält 1838 die Konzession zur Errichtung einer Ölmühle, 1841 erfolgt die Anlegung der Mahlmühle (Quelle: Mühlen wiederentdeckt, Heinz Reitz)
- Adam Vollrath senior übernimmt die Mühle
- Heinrich Hörr, Stiefvater von dessen gleichnamigem Sohn Adam Vollrath, führt die Mühle bis zur Übergabe an
- Adam Vollrath junior (†1988). Er ist der letzte Müller bis zur Einstellung des Müllereibetriebes 1960, der Hof wird bis zum Verkauf als Landwirtschaft weitergeführt.
Es gibt ein wenig Aktenmaterial hierzu, allerdings ist dieses nicht digitalisiert, sondern nur dem Namen nach aufgeführt: https://arcinsys.hessen.de
Nicht jedes alte Gemäuer kann erhalten werden. Die Vollrathsmühle, welche die jüngste Rimbacher Mühle war, stand nicht unter Denkmalschutz und war nach den vielen Jahren des Nicht-Betriebes in einem so schlechten Zustand, so dass ein Abriss unumgänglich war. Dass die Übernahme eines alten und durchaus interessanten Wirtschaftsbetriebes dem neuen Besitzer nicht gleichgültig ist und war, zeigt sich an seinem Interesse an der Dokumentation und an den vielen Erinnerungen, die sein Wohnhaus schmücken. Hervorzuheben ist dabei ein Gemälde von Fritz Röder, das nach einer alten Fotografie gemalt wurde.
Die Fotos im Treppenhaus zeigen Einbauten der Mühle, welche noch bis zum Schluss in der Mühle verblieben waren. Zeugen vergangener Technik.
Bevor ich gehe, werfe ich noch einen Blick in die Scheune. Dann mache ich mich auf, vielleicht finde ich noch Hinweise auf den Verlauf des zugeschütteten Mühlbaches.
Ich laufe dem Zotzenbach entlang Richtung Südost. Blickt man zurück, ist hier im hellen Licht, links der Bildmitte, das Firmengebäude mit Photovoltaikdach zu sehen. Zieht man vom unteren Bildrand eine Gerade dorthin, so könnte hier der Mühlbachverlauf gewesen sein. Vielleicht ist auch die undeutliche Furche auf der Wiese ein weiteres Indiz? Dankbar für die neuen Infos und Eindrücke mache ich mich auf den Rückweg.
Bei meinen Online-Recherchen, parallel zu den Beiträgen, komme ich oft vom hundertsten ins tausendste. Das Thema Mühlen gibt noch sehr viel her, auch in unserer Gegend. Anmerkungen, Ergänzungen, Anekdoten sind herzlich willkommen – gerne in den Kommentaren oder per E-Mail.
Weitere Links:
Adam Karillon, Arzt und Heimatdichter veröffentlicht 1906 den Roman Die Mühle zu Husterloh, in Anlehnung an eine Müllersfamilie in Wald-Michelbach: https://www.projekt-gutenberg.org/autoren/namen/karrillo.html
Mehrere Internetseiten über das Sechs-Mühlental zwischen Birkenau und Weinheim:
https://www.weinheim.de/747688.html
http://www.sechs-muehlen-tal.de/index.html
https://www.rhein-neckar-industriekultur.de/objekte/weinheim-sechs-muehlen-tal
Allgemeine Infos zu Mühlen findet man kompakt zusammengestellt und mit vielen weiteren Links versehen auf der Website von Steffen Reichel:
http://www.steffenreichel.homepage.t-online.de/Muehlen/index.html