Die Veranstaltung des Geopark-vor-Ort-Teams Weschnitztal, die ich heute besuche, lautet: Steine und Sagen auf der Juhöhe mit Katja Gesche. Treffpunkt ist der Parkplatz Frauenhecke. Nach einer kurzen Vorstellung und Wissenswertem zur Herkunft der Ortsbezeichnungen Frauenhecke und Juhöhe geht es los.

Geopunkte: Wasserversorgung und Postkutschenraub

Ein denkmalgeschützter Brunnen

Die erste Station auf dem etwa fünf Kilometer langen Rundweg ist ein alter gemauerter Brunnen. Er befindet sich mitten im Ort auf der Straße Auf der Juhöhe. Der vierzehn Meter tiefe Brunnen ist mittlerweile trocken gefallen, das heißt er funktioniert nicht mehr, da das Grundwasser abgesunken ist. Er diente lange Zeit neben fünf weiteren privaten Brunnen als Wasserversorgung für den Ort. Davor musste Wasser in Eimern vom Maderschen Loch hoch ins Dorf geschleppt werden. Erst ab 1908 und bis nach dem Zweiten Weltkrieg konnte mittels hydraulischem Widder Wasser in einer Leitung nach oben gepumpt werden. Der Brunnen ist heute ein Kulturdenkmal.

Das Juchhe-Häuschen

Die nächste Station nehmen wir nur kurz in Augenschein, denn das Häuschen, um das es geht, liegt direkt an der befahrenen Landesstraße 3120. Dieses kleine, ältere Fachwerkhaus markiert die Stelle, die der Hölzerlips-Bande als Zwischenstopp diente. Von hier aus brachen sie auf, vor dem folgenschweren Überfall, in der Nacht vom 30. April zum 1. Mai 1811. Der Überfall selbst, auf die Postkutsche und ihre Insassen, fand an der Bergstraße bei Hemsbach statt. Es handelt sich bei diesem Haus nicht mehr um den Originalbau der Eheleute Fuhr, denn dieses brannte 1886 ab, sondern um einen neueren Bau, der auf den alten Grundmauern erstellt wurde.

Auf dem nächsten Wanderparkplatz Hölzerne Hand und am Eingang zum schattigen Wald geht Katja Gesche genauer auf die damaligen Umstände ein und trägt uns ein Gedicht Mannefriedrichs vor, welches dieser noch am Tag seiner Hinrichtung gesungen haben soll. Hölzerlips (Georg Philipp Lang), Mannefriedrich (Phillip Friedrich Schütz) Kramer Mathes (Mathaeus Oesterlein) und Veit Krämer wurden am 31. Juli 1812 beim Blutgericht in Heidelberg zum Tode verurteilt und anschließend mit dem Schwert bei Bergheim hingerichtet.

Kochem: Der Wirt, der aufgrund seiner Komplizenschaft mit den Dieben ebenfalls bestraft wurde, war ein Kochem. Als Kochem werden auch die Freunde der Herumziehendenen, der Hausierer, des herrenlosen Volkes bezeichnete. Dieses fahrende Volk, das sich den Lebensunterhalt oft als Hausierer, Schrottsammler oder als Kleinhandwerker verdiente und zu deren Umfeld Bettler, Gauner und Diebe gehörten, hatten eigene Wörter und einen eigenen Dialekt, der je nach Ausprägung auch als jenisch oder rotwelsch bezeichnet wird.

[1] Rottmann, Friedrich (1768 – 1816); Blutgericht über den Hölzerlips und seine Gesellen auf dem Heidelberger Marktplatz 1812; Radierung 18 x 25,6 cm; © Kurpfälzisches Museum Heidelberg; Foto: K. Gattner

Steine

Geologie des Odenwalds

An der nächsten Station, einem Rastplatz oberhalb eines zu den Granitwerken Röhrig gehörenden Steinbruchs erklärt uns Katja anschaulich den Aufbau unserer Region aus geologischer Sicht. Von hier aus kann man den Blick weit über die Rheinebene schweifen lassen, während sich nur wenige Meter unterhalb des Standortes ein in die Tiefe abfallender Steinbruch auftut.

  • Die Rheinebene entstand durch einen Grabenbruch, der tief in die Erdkruste hineinreicht und im Lauf der Jahrtausende mit Sedimenten verfüllt wurde.
  • Im Vorderen Odenwald liegen alte Tiefengestein wie Gneis, Ryolith, Diorit oder Granit an der Erdoberfläche. Granit wird im Steinbruch vor uns abgebaut.
  • Mit dem Höhenzug der Tromm ändert sich die Zusammensetzung. Im östlicheren Buntsandstein-Odenwald herrschen jüngere Gesteine der Erdgeschichte vor.
  • Außerdem gibt es noch Überreste frühzeitlicher Meere, die sich noch weiter im Osten des Odenwalds in Form von Muschelkalk, Tropfsteinhöhlen und Dolinen manifestieren.

Abbauspuren im Hartgestein

Der Weg und der Wald werden jetzt immer schöner. Nach kurzer Zeit halten wir an einer Steingruppe. An diesen Felsen lassen sich die Abbauspuren der Steinhauer erkennen. Wir erfahren hier das Prinzip des Steinbrechens und dass es seit der Römerzeit nur wenig technische Entwicklungen gegeben hat, bis im 20. Jahrhundert motorbetriebene Maschinen zum Einsatz kamen.

Zwischen den ganzen Steinen: Buchenwälder

Vom Mischwald kommen wir auf schmalen Wegen in einen Bereich, in dem Buchen mit teilweise beachtlichem Ausmaß dominieren. Es ist ein tolles Gefühl, auf einem relativ schmalen Weg inmitten des grünen Waldes und unter sehr hohen Bäumen zu gehen.

Grenzen

Der Weg führt immer weiter durch den Wald, bis uns Katja an einer engen Kurve auf einen weiteren Stein aufmerksam macht. Für diesen braucht man ein geschultes Auge, denn ich zumindest hätte ihn übersehen bzw. als Baumstumpf interpretiert. Es handelt sich um einen alten Grenzstein. Die eingeritzten Rauten verweisen auf dessen Herkunft beziehungsweise Eigentümer.

Riesen die sich streiten

Weiter auf dem Rundweg gelangen wir an einer Formation vorbei, die an das Felsenmeer im Lautertal erinnert und kommen in den Genuss der ersten Sage: Die Riesen vom Felsenmeer.

Der Begriff Kleines Felsenmeer findet sich übrigens häufiger. Bis vor Kurzem hatte eine andere Formation ganz in der Nähe sogar noch den Status eines Naturdenkmals. Ein weiteres bekannteres Kleines Felsenmeer befindet sich im Fischbachtal.

Es sind zwar viel weniger Steine, die hier wie hingeworfen aussehen, aber die Art, wie sie tatsächlich entstanden sind, ist hier die gleiche wie im großen Felsenmeer, nämlich durch eine bestimmte Art der Verwitterung: Wollsackverwitterung.

Sagen

Sagenhaftes an der Salzkopfhütte

Der Weg führt weiter, vorbei am Guntrum-Platz, duftenden Holunderbüschen und einer weiteren Formation, die wie eine riesige Hand aus dem Boden ragt. Wir sehen in der Ferne eine Lichtung und steuern auf den nächsten Haltepunkt zu: die Salzkopfhütte (eine Schutzhütte).

Hier am kühlen Waldrand erzählt uns Katja weitere überlieferte Geschichten aus vergangener Zeit. Wir lauschen den Sagen vom Alten Gott, Geschichten von Wilden Leuten und geheimnisvollen Waldgeistern.

Opfersteine und Hundsköpfe

Auf dem Rückweg passieren wir die Opfersteine, ein bekanntes Naturdenkmal auf der Juhöhe. Ob die auffälligen Kuhlen in den riesigen Steinen aber wirklich für blutige Germanenrituale herhalten mussten ist nicht bewiesen.

Die Hundsköpfe, unsere letzte Station, zu denen es eine weitere Sage gibt, liegen am unteren Ende des Parkplatzes. Bevor wir uns hier verabschieden, überrascht uns Katja Gesche noch mit einer selbst verfassten Sage zum mit nach Hause nehmen. Aber um was es geht, verrate ich hier nicht.☺️

Dr. Katja Gesche hat eine Faible für Geschichte und Geschichten. Die freiberufliche Journalistin und Autorin schreibt unter anderem für das Starkenburg Echo und den Weschnitzblitz. Ihr aktuelles Profil als Mitglied des Geopark-vor-Ort Teams Weschnitztal findet ihr hier. Weitere Termine und Veranstaltungen werden in den Tageszeitungen und im Weschnitzblitz veröffentlicht.

Fazit: Man kann einfach nur einen entspannten Sonntagsspaziergang genießen und nebenher Wissenswertes über die Region erfahren, oder so wie ich, im Nachgang an jeder Stelle den ausgelegten Ködern folgen und in eine Welt neuer und alter Erkenntnisse abtauchen. Die von mir vorgestellten Themen sind ein kleiner Ausschnitt dessen, was Katja an den verschiedenen Stationen mit uns teilt.

Diese Themen haben mich dann während der anschließenden Nachbearbeitung weiter beschäftigt: Hydraulischer Widder, Räubergeschichten, die Kochem, Hölzerlipsbande, Mannefriedrich, Blutgericht, Kurfürsten, Granitentstehung, Rheingraben, Steingewinnungsspuren, Wollsackverwitterung, Grenzsteine, Wittelsbacher, Sagen aus Hessen, der Rhodensteiner und noch einiges mehr. Nur zwei kleine Beispiele: Einer der Montgolfier-Brüder, welche den Heißluftballon erfanden war auch an der Entwicklung und Namensgebung des Hydraulischen Widders beteiligt; Mannefriedrich erfand bei einem früheren Gefängnisaufenthalt mit seinen Kameraden das Kartenspiel Schwarzer Peter.

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